Das Thema scheint echt ein Partykiller zu sein. Gestern wurde ich bei einem Empfang ein paarmal nach meinem aktuellen Projekt gefragt. Ein Fernsehdokumentarfilm über die Palliativstation im AKH in Wien, habe ich gestrahlt – und jedes Mal betretenes Schweigen geerntet.
Am meisten scheint meine Gesprächspartner meine Begeisterung irritiert zu haben. Es war toll. Es war wirklich toll. Nicht nur weil ich das unglaubliche Privileg hatte, mit vier Menschen in ihrer letzten Lebensphase berührende Gespräche zu führen. Sondern weil ich erlebt habe, wie warmherzig, professionell und sensibel die Mitarbeiter hier mit ihren Patienten umgehen, egal ob es die Chefärztin, der Pfleger oder der Physiotherapeut ist. Die machen das alle richtig gerne. Weil sie es als ehrenvoll und sinnstiftend erleben, Menschen in ihrer letzten Lebensphase zu begleiten. Und weil es einen verändert. Fast jeder von den Mitarbeitern, mit denen ich geredet habe – darunter war ein Muslim, eine Buddhistin, eine Christin, eine Person mit anthroposophischer Orientierung und ein überzeugter Atheist geredet – hat zu mir in irgend einer Form gesagt „Ich lebe bewusster“.
Und ich empfinde es ehrlich gesagt auch so. Natürlich war es heavy. Ich durfte zehn Tage hier auf der Station verbringen, die ersten Tage als stiller Beobachter und dann mit dem Kamerateam. Ich gehe in die Zimmer, ich kriege die Gebrechlichkeit und das Angewiesensein der Menschen mit und denke mir „Irgend wann lieg ich da vielleicht auch“. Am Anfang hab ich noch gesagt: Furchtbar. Und irgendwann: So ist das eben. Man kommt zur Welt, und man muss gehen. Und der Weg führt in vielen Fällen rückwärts über die Stationen, über die wir als Babies und Kleinkinder gegangen sind. Angewiesensein, Bedürftigkeit, Abhängigkeit von anderen. Um es mit den Worten der Pflegestationsleiterin zu sagen: Irgendwann ist es OK. Irgendwann passt es. Man kann nur die Zeit vorher nutzen so gut es geht. Nichts aufschieben was einem wichtig ist. Und Beziehungen kultivieren, so gut es geht.
Am meisten überrascht hat mich die Offenheit der Patienten, die ich interviewen durfte. Die, die ja gesagt haben, haben nicht gezögert. Es hat so gewirkt, als würden sie doch gern noch etwas loswerden. Oder schlicht noch einen kleinen Fußabdruck in der Welt hinterlassen.
Und ich bin ihnen total dankbar. Auch das ist so ein Satz von den Mitarbeitern hier: Jedes Mal, wenn ich einen neuen Patienten kennen lerne, lern ich was.
Kurz: Es hat mich verändert.
Ich hoffe, dieses Gefühl kommt rüber.
Ich hoffe, es schauen sich Leute diesen Film an.
Was vom Leben bleibt Erstausstrahlung: 9.12.2025, 23:05 auf ORF2 in der Reihe „Kreuz und quer“ – danach auf on.orf.at